In den letzten Monaten habe ich vermehrt Artikel zum Thema Interim Management gelesen, bis dato nur aus der Perspektive eines Interim Providers. Es wird Zeit für eine andere Sichtweise, die des Interim Managers selbst. Wie können Unternehmen davon profitieren, wenn sie einen Interim-Manager einkaufen – noch dazu im Vertrieb? Denn dort werden Interim-Manager noch eher selten eingesetzt. Last but not least möchte ich meine persönliche Perspektive nicht außer Acht lassen: Wie kommt man dazu, Interim-Manager zu werden?
Interim Management liegt im Trend. Während das Honorarvolumen im Jahr 2006 noch bei rund 510 Mio. Euro lag, wuchs es bis 2016 auf jährlich 1,6 Milliarden Euro an. Das Thema „Staff on Demand“ wird nicht zuletzt durch Veröffentlichungen wie „Exponential Organizations“ von Michael Malone weiter vorangetrieben. Trotz dieser positiven Entwicklung ist Interim Management bei Vertriebsprojekten eher selten, auch wenn selbst hier mittlerweile die Tendenz steigt.
Warum wird man Interim Manager?
Vor diesem Schritt war ich Führungskraft in unterschiedlichen Unternehmen. Die Festanstellung war nach einigen Jahren nur noch bedingt attraktiv, ich suchte eine Herausforderung bei der ich meine Kompetenzen unmittelbarer umsetzen konnte ohne den „Reibungsverlust“ in Unternehmen, der Schritt in die Selbstständigkeit eine logische Konsequenz. Aber: Meine Zielsetzung ging von Anfang an in Richtung Interim Management statt Beratung. Denn aus meiner Sicht fehlt der Beratung häufig eines: Die Umsetzung in operative Projekte. Wenn teure Berater raus sind, braucht es jemanden mit den passenden Kompetenzen, um die Ergebnisse und Konzepte in die Tat umzusetzen. Der Interim Manager ist in der Lage, die Anpassung der Konzepte in die Unternehmenswirklichkeit vorzunehmen und so den „Company fit“ herzustellen. Die Grenzen sind dabei oft fließend, so dass ich im Rahmen meiner Interim-Mandate meinen Kunden auch beratend zur Seite stehe.
Dabei stellt jedes Mandat eine eigene Herausforderung dar. Welche Anforderungen stellt das Unternehmen? Wie stellt sich die Situation vor Ort wirklich da? Für meine Kompetenzen als Interim Manager bedeutet das, dass ich täglich vor Herausforderungen stehe, denen ich mich stellen und an denen ich mich auch ganz persönlich weiterentwickeln kann. Ich brauche meine fachlichen Kompetenzen ebenso wie meine Soft Skills. Ohne Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und einer gehörigen Portion Selbstorganisation kommen Interim Manager nicht aus. Hinzu kommen Teamfähigkeit, Kreativität, Flexibilität, Konsens- und Konfliktfähigkeit, ergänzt durch eine sehr hohe Eigenmotivation. Grade in mandatsfreien Zeiten, diese sind schließlich kein Urlaub. Der Aufwand für Akquise und Projektanbahnung ist hoch und kein Arbeitgeber verpflichtet einen zur Arbeit
Interim Management ist mehr als Feuerlöschen
Lange wurde Interim-Management als Feuerwehr gesehen. Es fällt jemand unerwartet aus, ein großes Projekt wird gewonnen, für das das Unterstützung braucht. Der Interim Manager löscht und ist dann wieder raus. Tatsächlich aber kann der Interim Manager viel mehr sein, nämlich die ideale Allzweckwaffe. Da die meisten Interim Manager über eine langjährige Berufs- und Führungserfahrung verfügen, bringen sie Qualifikationen mit, die intern oft so nicht zu finden sind – und vor allem nicht für einen begrenzten Zeitraum für bestimmte Herausforderungen genutzt werden können. Das Aufgabenspektrum für Interim Manager im Vertrieb ist breit gefächert: Change Management, Digitalisierung des Vertriebs, Neustrukturierung, Zahlenarbeit, Due Diligence, Go-to-Market Strategien, etc. Wer mit seinem Unternehmen an einem Scheidepunkt steht, Organisationen wieder eingliedern möchte, die sich verselbständigt haben oder eine neue Perspektive mit frischem Input braucht, findet in einem Interim Manager die richtige Lösung. Als Spezialist ist er in der Lage, in einem vorab vereinbarten Zeitraum zu analysieren, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten und umzusetzen. Das gilt auch und gerade für Vertriebsprojekte. Richtig eingesetzt, ist Interim Management ein professionelles und effizientes Management Tool. Welche positiven Ergebnisse sich grade bei Vertriebsrelevanten Themen erzielen lassen erscheint mir auf Unternehmensführungsebene noch nicht angekommen zu sein. Das Wissen über Interim Management und seine Möglichkeiten fehlen; vielleicht fehlt aber auch der Mut neue Wege zu gehen.
Unternehmen dagegen, die Interim Manager im Vertrieb erfolgreich eingesetzt haben, greifen zunehmend erneut darauf zurück. Statt Feuerlöschen geht es ihnen darum – so wie in der Management-Metapher von Stephen R. Covey – ihre Säge zu schärfen, um in Zukunft besser für die Anforderungen des Marktes gerüstet zu sein.
Dabei gibt es unterschiedliche Akquisitions-Kanäle, über die ein Interim Manager ein Mandat erlangt. Im Wesentlichen geht das über das Netzwerk des Interim Manager. Seine Kontakte sind sein wertvollstes Kapital, seine Fähigkeit zum Beziehungsmanagement ein wichtiger Erfolgsfaktor. Interim Provider sowie neuerdings auch verschiedene Interim Management Portale stellen weitere Kanäle dar. Interim Provider sind Vertriebspartner des Interim Managers welche auf einen Pool an Kandidaten zurückgreifen und hochwertige Kontakte in die Industrie pflegen, schlussendlich Interim Manager vermittelt. Bei mir kam das erste Mandat über einen Geschäftsfreund, das zweite über eine Empfehlung und das dritte durch einen Provider.
Zusammenfassung
Interim Management liegt im Trend – zahlenmäßig genauso wie inhaltlich. Während die Niederlande und Großbritannien als Vorreiter für Interim Management gelten können, hinkt Deutschland hier noch hinterher. Aber gerade in Zeiten, in denen Veränderungsprozesse noch schneller umgesetzt werden müssen und die Herausforderungen des Marktes an Unternehmen, ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Flexibilität ständig weiter steigen, können Interim Manager eine wirklich wertvolle Unterstützung bieten. Als Allzweckwaffe zur Schärfung der eigenen Säge bieten sie eine Leistung an, die so intern nicht umzusetzen ist. Gerade das macht für mich den Beruf des Interim Managers so spannend.